Max Frisch
Architekt | Journalist | Philosoph
| Schriftsteller
Das literarische Werk Max Frischs befasst sich
unter anderem mit folgenden Gedanken:
Wie kann der Einzelne Gewissheit über die
eigene Identität erlangen? Wie konstruiert sich der Mensch
die eigene Biografie (vgl. Biografie. Ein Spiel, die Feststellung
der Hauptperson, sie probiere Geschichten an wie Kleider
in Mein Name sei Gantenbein, die Aussage Ich bin nicht
Stiller in Stiller)? Das Spätwerk Der Mensch
erscheint im Holozän untersucht die Rolle des Wissens und
des Gedächtnisses für den Menschen: Wie klein ist er mit
seinen bescheidenen Erkenntnissen im Verhältnis zur Natur,
was bleibt von ihm?
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Daneben spielt auch die Zuweisung von Identitäten
durch andere eine Rolle. Frisch möchte das Gebot Du sollst
dir kein Bildnis machen auf das Verhältnis unter Menschen
übertragen wissen. Die Stücke Don Juan oder die
Liebe zur Geometrie und Andorra befassen sich u.a.
mit den Folgen der menschlichen Neigung, sich vom Gegenüber
ein Bild zu machen, sie in eine Rolle zu drängen bzw.
sich in eine Rolle drängen zu lassen und daran biologisch
oder geistig zu sterben. In dieser Hinsicht ist vornehmlich
sein 1957 erschienenes Prosawerk Homo faber zu nennen, in
dessen Verlauf die Identität des Menschen als der Technik verhaftetes
Mängelwesen und als im Alltagsleben oder im Aufeinandertreffen
mit Natur und menschlichen Regungen (namentlich der Liebe) zum Scheitern
verdammt dargestellt wird.
Des weiteren stellt Frisch immer wieder die Sonderstellung
der Schweiz (als vermeintlich vorbildlich demokratische und rechtsstaatliche
Nation; die Neutralität usw.) in Frage, u.a. mit der Demontage
des Nationalepos von Wilhelm Tell in Wilhelm Tell für die
Schule, worin der Gründungsmythos als eine Geschichte dargestellt
wird, die auf Zufälle, Unzulänglichkeiten sowie die Beschränktheit
und den Opportunismus eines hinterwäldlerischen Volkes verweist.
Dieses zweite Thema, das Wesen der Schweiz, verweist
auf das Werk Frischs als ein politisches. Aber auch die Schriften
zum vorgenannten Thema der Identität öffnen sich zumeist
zur Frage hin, welche Gesellschaft mit den beschriebenen Personen
zu machen ist: ironisch, weit weniger offensiv als das Brechtsche
Theater die Dramen, die Prosa mehr fragend denn Gewissheit verbreitend,
bis hin zum Lehrstück ohne Lehre (so der Untertitel
von Biedermann und die Brandstifter).
Für die Verbindung der genannten Themen mag
eine vielzitierte Stelle aus der Mitte des Romans Mein Name sei
Gantenbein stehen: Manchmal scheint mir auch, dass
jedes Buch, so es sich nicht befasst mit der Verhinderung des Krieges,
mit der Schaffung einer besseren Gesellschaft und so weiter, sinnlos
ist, müssig, unverantwortlich, langweilig, nicht wert, dass
man es liest, unstatthaft. Es ist nicht Zeit für Ichgeschichten.
Und doch vollzieht sich das menschliche Leben oder verfehlt sich
am einzelnen Ich, nirgends sonst.
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Auszug aus: www.de.wikipedia.org/wiki/Max_Frisch
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